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Ein Überblick über den Tschad.

Geographie und Demographie

 

Der Tschad ist mit einer Fläche von mehr als 1.2 Mio. Km² eines der grössten Länder Afrikas und mehr als 31x grösser als die Schweiz. Mit einer Bevölkerung von 12.45 Mio. Menschen, (Stand 2012)(1) ergibt dies knapp 10 Bewohner pro km². Ein Grossteil der Bevölkerung sammelt sich südlich der Hauptstadt N’Djamena an, wo vorwiegend ein tropisch-wechselfeuchtes Klima vorherrscht. Im dünnbesiedelten Norden, welcher hauptsächlich aus Anteilen der Wüste Sahara besteht, sind vor allem Nomadenstämme anzutreffen.

Die Bevölkerung besteht aus über 130 verschiedenen Ethnien, welche in den meisten Fällen ihre eigenen Sprachen oder Dialekte sprechen. Im Norden finden sich vor allem arabisierte und islamisierte Volksgruppen, südlich hingegen eher christliche und animistische Volksgruppen. Gesamthaft teilt sich die Bevölkerung in 56% sunnitische Muslime, 22% Christen und 22% Animisten. (2)

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Fakten und Zahlen

Offizielle Landessprachen: Arabisch und Französisch
Lebenserwartung bei Geburt: 54 Jahre (2019) (3)
Human Development Index: 0.398 (Rang 187 von 189) (4)
Währung: FCFA (Zentralafrikanischer Franc: 1 CHF = ca. 535 FCFA (sehr volatil)) (5)

Die Schweiz beteiligte sich im Jahr 2020 mit 4.81 Mio CHF an humanitärer Hilfe im Tschad. (6) 

 

Politik und Wirtschaft

 

1990 – 2021 war Idriss Deby Itno der Präsident des Tschads, welche seiner Zeit durch einen Putsch an die Macht gekommen war. Medienberichten zufolge ist er Mitte April 2021 bei Gefechten gegen Rebellen im Norden der Hauptstadt N’Djamena ums Leben gekommen.
Seither wurde eine Übergangsregierung gebildet, angeführt durch einen Militärgeneral und gleichzeitig Nachkommen des ehemaligen Präsidenten. Es wurde verkündet, dass nach 18 Monaten demokratische Wahlen abgehalten werden.

Diese Entwicklungen wurden in mehreren grossen Städten des Landes durch Proteste begleitet, welche jedoch durch die Polizei und das Militär im Keim erstickt wurden. Nun Mitte 2021 scheint sich die Lage im Lande stabilisiert zu haben. Die Grenzen sind geöffnet und die Bevölkerung wartet die weitere Entwicklung bezüglich der Neuwahlen ab. Die angekündigte Invasion der Hauptstadt N’Djamena durch rebellische Gruppierungen, welche sich im Norden des Landes sowie in Libyen organisierten, ist nach einer militärischen Aktion durch französische Truppen unwahrscheinlich geworden.

Die umliegenden Länder des Tschads sind ebenfalls instabil. Regelmässig berichten Journalisten über Auseinandersetzungen im Sudan bzw. Südsudan, Nigeria und der Zentralafrikanischen Republik. Der Tschad beherbergt über 280’000 sudanesische Flüchtlinge, insbesondere seit dem Darfour-Konflikt und der Abspaltung des Südsudan. Über 80’000 weitere Flüchtlinge kommen aus der Zentralafrikanischen Republik seit dem erneuten Konflikt zwischen Christen und Muslimen. Der Tschad entsendete eigene Soldaten zur Kontrolle des Konflikts in das Nachbarland. (7) Daneben gibt es heftige Konflikte westlich des Tschads in Nigeria, wo die radikal-islamistische Gruppierung Boko Haram regelmässig Anschläge verübt und gewisse Regionen des Landes unter Kontrolle hat.
Das Risiko der Ausbreitung der Konflikte eines dieser Länder in den Tschad ist schwer abzuschätzen.

 

 

Infrastruktur und Gesundheitssystem

 

Leider findet man kaum aktuelle Quellen zu diesem Thema.
Das Land verfügt, trotz seiner enormen Grösse, lediglich über wenige hundert Kilometer asphaltierte Strassen, welche in der Regenzeit oftmals nicht befahrbar sind. Ein Eisenbahnnetz gibt es nicht, Busse nur für den Fernverkehr zwischen den grösseren Städten und auf Hauptverkehrsachsen. Die Hauptstadt besitzt den einzigen interkontinentalen Flughafen, zusätzlich gibt es acht Flughäfen mit asphaltierten Pisten, welche Flüge innerhalb Afrikas anbieten.

Die Wasserversorgung ist in grossen Städten teilweise vorhanden. Dort ist das Wasser meistens sauber und trinkbar und kostet verhältnismässig wenig. In ländlichen Gebieten wird oft verschmutztes Wasser aus offnen oder mechanischen Brunnensystemen gewonnen.

Eine flächendeckende und zuverlässige Stromversorgung gibt es nur in wenigen Quartieren der Hauptstadt. In anderen grösseren Städten gibt es öffentliche Stromnetze, welche jedoch sehr anfällig sind auf Störungen und die Bewohner oft während mehreren Tagen ohne Strom auskommen müssen. Daher helfen sich viele Leute mit kleinen Notstromaggregaten selbst.

Das Gesundheitssystem im Tschad teilt sich in periphere und zentrale Einheiten auf. Die Primärversorgung wird von sogenannten „Centre de Sante“ übernommen, wo Primärkonsultationen und Impfungen, etc. vorgenommen werden. In diesen Einheiten sind nur Pfleger und keine Ärzte vor Ort. In grösseren Orten gibt es öffentliche und teilweise auch private Zentren, welche den „Centre de Sante“ als Referenzspitäler dienen. Dort gibt es fast immer nur 1-2 Ärzte pro Krankenhaus, welche oft auch an mehreren Spitälern affektiert sind. Die Ärztedichte im Tschad beträgt 4 / 100’000 Einwohner (8) (vgl.: 100x weniger als die Schweiz, 407/100’000).

Die staatlichen Spitäler haben ein System des Gratisversorgung eingeführt für bestimmte Behandlungen. Dies betrifft vor allem Notfälle oder Krankheiten wie Tuberkulose oder HIV / AIDS. Das Problem ist jedoch oftmals die Überforderung des Gesundheitspersonals mit dem Patientenandrang und die Korruption der Ärzte und Pfleger, was den Begriff der Gratisbehandlung schnell relativiert. Darum gewinnen Privatspitäler immer mehr an Bedeutung. Ihre Behandlungspreise sind oft dieselben wie in den öffentlichen Spitälern, aber das Angebot ist deutlich besser.

 

Persönlicher Eindruck

 

Der Tschad ist in vielen Hinsichten ein sehr beeindruckendes Land. Trotz der allgegenwärtigen Armut, ist die Kriminalität im Land sehr gering und zumindest als Mann kann man sich sehr frei bewegen. Auf den Strassen wird man auch als einziger Weisser nur selten angebettelt und falls doch hört man oft jemanden sagen: „Hör auf damit, wir sind Tschader und beginnen nicht damit, zu betteln“.

Trotz der vielen verschiedenen Ethnien und Religionen im Land herrscht eine riesige Toleranz unter den Tschadern. Die verschiedenen Kulte werden akzeptiert und gelebt, sodass zum Beispiel ein ganzer Reisebus von Christen im Bus auf den muslimischen Fahrer wartet, während er sein Mittagsgebet hält. Insbesondere im August, während des Ramadan sind teilweise ganze Strassen blockiert, doch die Menschen beschweren sich nicht darüber. Die Bevölkerung distanziert sich auch ganz klar von den religiös motivierten Konflikten im Nachbarland, der Zentralafrikanischen Republik.

Man hat das Gefühl, das Land ist im Aufschwung. Die Personen investieren in die Schuldbildung ihrer Kinder, in Häuser und Kleinbetriebe. Häufig werden sie vom Staat in der Entwicklung gebremst, da dieser überall seine Kontrollmechanismen eingebettet hat, doch die Akzeptanz des Präsidenten ist sehr gross. Dies ist für einen Europäer wahrscheinlich schwer zu verstehen, doch der Gedanke dahinter ist, dass sich dieser Präsident und seine Ethnie, die Zagawa, schon bereichert haben und das Land gegenwärtig stabil ist. Sollte es zu einem Regierungswechsel kommen, fürchtet die Bevölkerung ein ähnliches Bürgerkriegsszenario wie damals in 1998-2010.

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